Samstag, 28. April 2012

Wien, wir kommen!

Nachdem nun (fast) alle Vorbereitungen getroffen sind - auch den ersten Teil unserer Radiosendung haben wir bereits aufgenommen - richtet sich die Aufmerksamkeit auf das kommende Wochenende. Von Freitag, 4.6., bis Sonntag, 6.6., werden wir in Wien verschiedene Führungen, Workshops und selbständige Erkundungen machen - alles rund um die Themen Partizipation und Selbstbestimmung. Ein Vormittag in der Demokratiewerkstatt des Österreichischen Parlaments ist ebenso dabei wie eine Graffiti-Führung, ein Besuch des Guerilla Gartens Längenfeldgasse, ein Besuch der Ausstellung "Besetzt!" (über die Hausbesetzerszene im Wien der 70er, Wien Museum am Karlsplatz), und nicht zuletzt organisiert die Österreichische Hochschülerschaft eine Stadtführung für uns. Natürlich werden uns auch in das eine oder andere Lokal begeben - Landeskunde ist ja sehr wichtig...
Heute habe ich die Bahnkarten gekauft. Die Sonne scheint, die Schalterbeamtin am Keleti pu war ausgesprochen freundlich, die Vorzeiten sind also gut.

Andreas

Sonntag, 22. April 2012

Not verbindet Menschen (Beitrag aus Sarajevo)


Das Friedensabkommen von Dayton das 1995 von den Präsidenten von Bosnien und Herzegowina, Kroatien und Serbien unterschrieben wurde, brachte Frieden in die Region. Durch dieses Abkommen kam es jedoch zur Teilung des Landes in zwei verschiedene Entitäten, wobei auf dem Territorium der Föderation von Bosnien und Herzegowina die Mehrheitsbevölkerung Bosniaken sind und auf dem Territorium der Republika Srpska mehr bosnische Serben leben. Obwohl dieses Friedensabkommen bereits vor 20 Jahren geschlossen wurde, ist bis heute das politische System im Land nicht geregelt. Der Grund dafür beruht auf den Problemen der nationalen Zugehörigkeit, die immer wieder die Objektivität zum Beispiel bei Wahlen, sowohl der führenden Politiker als auch der Wähler beeinflussen.

Wie steht dieses Friedensabkommen von Dayton aber nun mit dem heutigen Tagesgeschehen in Bosnien und Herzegowina in Zusam-menhang? Am 20.3.2012 versammelten sich ehemalige Mitglieder der Streitkräfte von Bosnien und Herzegowina, die durch die Teilnahme am Krieg ein Recht auf Frührente erworben haben, vor dem Gebäude des Ministerrates von Bosnien und Herzegowina, um ihre noch ausständigen Renten einzufordern. Schon seit drei Jahren werden die Renten nicht ordnungsgemäß ausgezahlt, so dass Schulden von insgesamt 29,8 Millionen KM (Mark) entstanden sind. Die Soldaten drohen bereits am ersten Tag mit einem Hungerstreik und fördern vom Staat die Lösung ihres Problems. Dabei beziehen sie sich auf das Gesetz, das von der parlamentarischen Tagung am Vorabend der allgemeinen Wahlen 2010 verabschiedet wurde. Das bereits bestehende Gesetz der Streitkräfte von Bosnien und Herzegowina (OS BiH) wurde infolge dessen so ergänzt und geändert, dass Soldaten, die bis 23. Dezember 1995 mindestens zwei Jahre dem Land im Krieg gedient haben und dabei Mitglieder der Armee von Bosnien und Herzegowina (ABiH), der kroatischen Abwehrmacht (HVO) oder des Militärs der Republika Srpska (VRS) waren, und für die der professionelle Militärdienst wegen ihrer Lebensjahre nicht mehr verlängert werden konnte, in Frührente gehen können.

Die Soldaten beschlossen nach der Änderung dieses Gesetzes ein Zeltlager vor dem Parlamentsgebäude zu errichten, um so mehr Druck auf die Regierung auszuüben. Ihr Pressesprecher Senad Hubijer machte es ausdrücklich, dass die Soldaten so lange vor dem Gebäude ausharren würden, bis ihr Fall in Augenschein genommen oder sie vor Hunger sterben würden. 
 
Das Stichwort Not bringt Menschen zusammen offenbart sich hier, denn die ungefähr 1000 Männer, die jetzt zusammen ihr Recht einfordern, standen sich vor 20 Jahren gegenüber und schossen aufeinander. Die Feinde von damals kämpfen jetzt gemeinsam um ihr Überleben. Rechtlich hätten die Soldaten ausbezahlt werden müssen, auch diejenigen, die damals gegen die Föderation gekämpft haben, jedoch wurde damals bei der Verabschiedung des Gesetzes ein sehr wichtiger Aspekt offensichtlich nicht betrachtet: die Finanzen. Dadurch, dass das Land, von der Wirtschaftskrise stark betroffen, sich in einer zunehmend schlechteren, sowohl politischen als auch wirtschaftlichen Situation befindet, ist es für den Staat schwer, die Renten auszuzahlen.

Fest dazu entschlossen ihr Vorhaben bis zum Ende durchzuführen, bleiben die Soldaten weiterhin in ihren Zelten. Nach zwei Tagen Hungerstreik mussten einige medizinische Hilfe erhalten. Am dritten Tag wurde der Hungerstreik aufgegeben. Bei anderen wiederum, verschlechterte sich der psychische Zustand, da sie von den Vertretern des Ministerrates provoziert, ausgelacht und nicht ernst genommen werden. Trotz der starken Spannungen, gelang es den ehemaligen Mitgliedern der Streitkräfte ruhig zu bleiben und ihren Streik ohne Exzesse fortzuführen.

Den Soldaten fällt es deutlich schwer auf dem kalten Betonboden die Tage und Nächte zu verbringen, aber einfach nach Hause gehen, das wollen sie nicht:



Hilfe und Aufmerksamkeit bekommen die Männer von verschiedenen nicht-staatlichen Organisationen, zudem unterstützen sie zahlreiche Vereine von Bosniaken, Kroaten und Serben in Europa, Amerika und Australien. Obwohl sie eine Lösung bis zum Ende der Woche erwartet haben, stehen sie auch heute, 24 Tage nach dem Beginn des Streiks auf demselben Platz und hoffen weiterhin auf ein friedliches Ende der Proteste und die baldige Rückkehr zu ihren Familien.



Seminar "Sprachübungen"
Germanistisches Institut der Universität Sarajevo

Donnerstag, 19. April 2012

Okto TV


"Okto ist Vielfalt!"



Thomas Bauer, Kommunikationswissenschaftler



Der Fernsehkanal Okto ist ein österreichischer partizipativer Fernsehsender, der seinen Sitz in Wien hat und dem Gedanken des Bürgerfernsehens verpflichtet ist. Rechtlich gesehen handelt es sich um einen Privatfernsehsender. In meinem Blogeintrag beschäftige ich mich mit dem Aufbau und der Struktur des Fernsehkanals, sowie seiner Geschichte und den Zielen, die Okto verfolgt.





Das Logo von Okto


Okto wurde im Rahmen der sogenannten Rot-Grünen Projekte ins Leben gerufen und vom Verein zur Gründung und zum Betrieb offener Fernsehkanäle in Wien im Jahr 2005 gegründet. Nach einer neunmonatigen Aufbauperiode ging er am 28. November um 20 Uhr desselben Jahres mit der Sendung AfriKa TV auf Sendung.


Damit wurde Okto zum ersten nichtkommerziellen Fernsehsender Österreichs. Es gibt auf Okto keine Werbung, der Sender wird über Förderungen durch die Gemeinde Wien finanziert. Einzelne Sendungen konnten durch EU-Förderungen kofinanziert werden.
Das Programm orientiert sich an Gruppen, die laut Eigenangaben des Senders "in der österreichischen Medienlandschaft unterrepräsentiert sind".
Okto hat nicht nur ein vielfältiges Programm, bei Okto kommen auch die MitarbeiterInnen aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen und beruflichen Kontexten. Sie bilden ein kleines, multiprofessionelles Team, das mit viel Engagement und interkultureller Kompetenz für den Support von rund 500 ProduzentInnen, attraktive Aus- und Weiterbildungsangebote, einen reibungslosen Sendebetrieb und vieles mehr sorgt.


Ein Themenabend zum Internationalen Roma-Tag am 8. April



Was den Empfang von Okto betrifft, so können A1 KundInnen den vielfältigsten Programmmix des Senders auf Programmplatz 34 genießen.
Wer gar kein Kabel hat, kann trotzdem Okto gucken: Das Programm gibt’s nämlich als Livestream.
Wer eine Sendung verpasst hat, kann diese jederzeit in der Oktothek anschauen.



Natürlich gibt es nicht nur die Möglichkeit, sich Okto anzusehen, sondern wer Lust bekommen hat mitzumachen, der sollte wissen, dass einzelne Sendungsteams immer wieder auf der Suche nach Menschen sind, die mit anpacken und neue Ideen einbringen. Das ist insbesondere eine gute Gelegenheit für Menschen, die (noch) kein Konzept für eine eigene Sendereihe haben, aber trotzdem gern bei einer Fernsehsendung mitwirken möchten. Mehr Infos unter : programm@okto.tv




                                                                   Okto Wuzzl EM 2008 


Ich finde, dass dies eine hochinteressante Idee ist, in dieser (kapitalistischen) Welt einen nichtkommerziellen Sender ins Leben zu rufen. Meiner Meinung nach hat man dabei eine Menge Mut bewiesen, denn dieses Projekt hätte auch leicht fehlschlagen können. Ich denke, dass auch das „aktiv teilnehmen lassen” der Menschen dem Sender einen Erfolgsschub gegeben hat, denn im Unterschied zu anderen Sendern, wo man lediglich ein passiver Zuseher ist, bietet Okto zahlreiche Möglichkeiten, ein Teil der Fernsehwelt zu werden. Dass dieses Modell durchaus Erfolg hat, zeigt: 43% der Okto ZuseherInnen in Wien verfügen über einen Matura- bzw. Hochschulabschluss. Damit liegt Okto weit über der Grundgesamtheit aller Kabelhaushalte (36%).


Einige Beispiele:





Links:


Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit !


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Graffiti (Gastbeitrag aus Sarajevo)

 
Abgeleitet vom italienischem Wort sgraffio, was soviel bedeutet wie „kratzen“, gibt es Graffitis seit Menschen-gedenken. Seit dem Beginn der Menschheit sind Gemälde anfänglich auf Höhlen-wänden entstanden. Der Frühmensch hat mit Hilfe von Knochen oder Steinen Muster in den Fels gekratzt. Später entwickelte er Techniken, die Vorgänger der heutigen Sprüh- und Schab-lonentechniken waren. Graffitis haben es in den letzten 35 Jahren geschafft, in jeden Winkel der Welt vorzudringen und eine ungeheure Bandbreite an Stilen und interessanten Künstlern hervorzubringen. Die heutige Form des Graffiti entwickelte sich Ende 1960 in New York und Philadelphia, wo Künstler damit begonnen haben ihre Namen auf Wände und U-Bahnstationen zu schreiben. Obwohl Graffitis als Vandalismus bezeichnet werden, haben sie durchaus auch positive Seiten, da durch sie Protest zur Kunst wurde. 

Auch die Wände Sarajevos dienen als eine hervorragende Projektionsfläche für die Darstellung der Unzufriedenheit, des Protests und der kollektiven Meinung der Bürger. Als Beispiele dienen Graffitis, die ein politisches Statement äußern und die die Menschen anregen sollen nachzudenken und ihr Leben nicht in die Hände der korrupten Politiker zu legen. Graffitis wie „DOSTA“ (Genug), und „PAZI METAK“ (Vorsicht Kugel), vermitteln eine politische Botschaft. Hinter diesen Äußerungen stecken zwei gleichnamige Organisationen, die gegen Korruption und bürgerliche Passivität kämpfen. Dadurch, dass sie die Bürger zum Nachdenken über die politische Situation in BiH anregen, stellen sie einen Kontrast zu Vandalismus dar. Neben ihrer politischen Aussagekraft, haben sie auch die Kraft, die Stadt bunter und schöner zu gestalten. Dadurch, dass im Krieg viele Gebäude zerstört wurden, wurden diese Ruinen zu öffentlichen Kunstwerken, die ihr trübes Schicksal verstecken und eine schönere Seite zeigen.

Demzufolge können Graffitis als eine positive Form der Meinungsäußerung bezeichnet werden und außerdem das Städtebild verschönern.


Mittwoch, 18. April 2012

Critical Mass




Kritische Masse, besser bekannt als Critical Mass (CM), ist eine städtische Protestform der Radfahrer. Diese Aktion versetzt alle, die Fahrräder haben und damit jeden Tag verkehren, in Fieber. Critical Mass ist schon weltweit bekannt im Kreis der Fahrradbesitzer, aber auch der Autofahrer. Die Fahrradfahrer haben vor allem ein wichtiges Ziel mit diesem Protest: Sie wollen darauf aufmerksam machen, dass die Stadt für die Radfahrer gefährlich ist. 

Die erste „critical mass“ genannte Fahrraddemo startete im September 1992 in San Francisco
. Damals hatte sie auch das Ziel, zu zeigen, wie unfreundlich und gefährlich die Stadt für die Radfahrer ist. Obwohl der Umzug nur 48 Teilnehmer hatte, war er ein riesiger Erfolg. Damals sprach man von „Commute Clot”. Beim zweiten Mal hatten die Veranstalter eine tolle Idee. Sie warteten auf eine zweite Radfahrer-Gruppe an einer Kreuzung, und radelten als eine gemeinsame Masse weiter. Seitdem werden die Proteste Critical Mass genannt. Beim vierten Mal nahmen mehr als 100 Radfahrer teil und je mehr das Radfahren in Mode kam, desto mehr Leute schlossen sich an.
In anderen Städten der Welt wurde Critical Mass auch bekannt und gleichzeitig mit San Francisco organisiert. Heutzutage sind Menschen aus 325 Ländern Mitglied.
                                                        Critical Mass in Budapest
Besondere Critical Mass
Sternfahrt
In Berlin wurden seit dem Jahr 1977 Critical-Mass-Kundgebungen organisiert. In dieser Stadt gibt es eine Besonderheit. Die Radfahrer können unter 13-19 Wegen wählen (wie eine Sternform), aber das Ende aller Wege ist das Brandenburger Tor. Der Umzug hatte im Jahr 2011 150.000 Radfahrer, und war damit die größte "Kritische Masse" der Welt.
 
Critical Mass in Ungarn
Critical Mass hat in Ungarn zwei wichtige Termine: Tag der Erde und World Car Free Day. Sie findet meist am letzten Freitag im Monat, aber auch zu verschiedenen Anlässen wie Demonstrationen, verschiedenen Aktionstagen sowie zu verschiedenen politischen wie sozialen Themen statt. Im Jahr 2007 waren mehr als 32.000 Teilnehmer dabei. Auf der Veranstaltung vom 22. April 2007 fuhren rund 50.000 Menschen durch die Budapester Innenstadt, am 20. April 2008 waren es schon 80.000.


Was will man mit diesen Protesten erreichen?

Crtitical Mass will das Fahrradfahren innerhalb der Stadt popularisieren und gegen den Smog und die Umweltverschmutzung kämpfen. Die Teilnehmer wollen erreichen, dass die Stadtbewohner in der Zukunft entweder mit dem Fahrrad oder mit den öffentlichen Verkehrsmittel fahren. Sie zeigen alternative Lösungen auf: Fahrradwege, Fahrradwege und Fahrradwege.
In Budapest hat man nicht so viele Möglichkeit, sicher und entsprechend den Verkehrsregeln Fahrrad zu fahren. Dank dieser Proteste gibt es aber jetzt Fahrradwege auf der Margaretenbrücke.
Critical Mass wird jedes Mal ohne bezahlte Werbung und ohne parteipolitische Zwecke organisiert. Die Veranstaltung braucht kein Geld, um für sich zu werben. Die Organisation dieser Projektierung ist freiwillig. Niemand hat das Ziel, damit Geld zu verdienen.

Critical Mass finde ich einfach toll. Ich habe den Umzug schon mehrmals in Budapest  gesehen. Die Protestierenden haben ganz konkrete und wichtige Vorstellungen, die für die Radfahrer wichtig sind. Sie wollen ihr Ziel erreichen, ohne Geld zu verdienen. Jedes Mal gibt es mehr Fahrer, und immer mehr Leute fahren mit dem Fahrrad statt mit dem Auto. Das Fahrrad ist billiger, mobiler und umweltfreundlicher.

Wenn Ihr Lust habt, oder neugierig seid, könnt Ihr am 22. April in Budapest an Critical Mass teilnehmen!

Viel Spaß!






Aufs Fahrrad schwingen!


Danke für das Lesen!
vikci

Links:



Mittwoch, 11. April 2012


Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH)

Sowohl in Österreich als auch in Ungarn gibt es eine Organisation, die die Rechte der Studierenden überregional vertritt. In Österreich ist für diese Arbeit die ÖH (Österreichische HochschülerInnenschaft), in Ungarn die HÖK (Studentenselbstverwaltung) verantwortlich. In meinem Blogeintrag möchte ich mich mit dem Aufbau, mit den Organisationen und mit der politischen Einstellung der ÖH beschäftigen.



Das Logo der ÖH

Die Studentenvertretung hat eine lange Geschichte und viel Tradition in Österreich. Die ÖH wurde in den 1970-er Jahren gesetzlich verankert, das Ziel war „die Demokratisierung der Gesellschaft“, was sich als erfolgreich erwies.
Die ÖH ist die Vertretung für alle Studierenden in Österreich und gliedert sich in drei verschiedenen Ebenen. Die Bundesvertretung (BV) ist die oberste Ebene, also die überregionale Organisation. Auf der zweiten Stufe befinden sich die Universitätsvertretungen. Diese Organisationen vertreten Studierenden an den jeweiligen Universitäten und Hochschulen. Die Vertretungen auf der untersten Ebene sind für die Studierenden am leichtesten zu erreichen, es sind die Studienvertretungen. Diese Studienvertretungen bestehen aus den Studierendenvertretungen der jeweiligen Studien. Es gibt also, vereinfacht gesagt, pro Studium eine Studienvertretung, pro Uni eine Universitätsvertretung, und auf der höchsten Ebene die Bundesvertretung.

Zweijährlich gibt es Wahlen in der ÖH. Daran können alle Studierenden  Österreichs teilnehmen. Von den Studierenden werden die Studienvertretungs- und die Universitätsvertretungsebene gewählt. Die Aufteilung der Plätze in der Bundesvertretung wird von den Ergebnissen der Universitätsvertretungswahlen bestimmt.


Ein Interview vor den Wahlen (VSSTÖ Innsbruck)

Es gibt verschiedene Fraktionen in der Bundesvertretung, die unterschiedliche politische Einstellungen haben. Die Wahlen entscheiden darüber, welche Fraktion, welche Richtung die Populärste unter den Studierenden ist.
In der jetzigen Bundesvertretung existiert eine große Koalition mit den folgenden Fraktionen: GRAS (Grüne & Alternative StudentInnen), VSSTÖ (Verbund Sozialistischer Studentinnen und Studenten Österreichs), FLÖ (Unabhängige Fachschaftslisten Österreichs) und FEST (Fraktion engagierter Studierender). Die diesmalige ÖH-BV-Führung lässt sich also im  politischen Spektrum links einordnen.


An der BV gibt es viele Referate, die aktive Arbeit für die Studierenden leisten:

Referat für Menschenrechte und Gesellschaftspolitik

Das Referat für Menschenrechte und Gesellschaftspolitik möchte ich vorstellen. Dieses Referat beschäftigt sich einerseits mit der Unterstützung von kulturellen Projekten. Auch unsere Seminargruppe wurde von diesem Referat für eine dreitägige Fahrt nach Wien unterstützt. Andererseits hilft es bei der Organisation von Veranstaltungen unter Studierenden. In den letzten Jahren wurden viele Veranstaltungen oder Demonstrationen gegen Gewalt an Frauen, Rassismus, Faschismus, Terrorismus, Islamfeindlichkeit und für Zivilcourage, soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz organisiert oder unterstützt.


Ein Beispiel dafür:

"Mahnwache und Kundgebung
Dienstag, 9. November 2010, 18 Uhr
Gedenkstein vor dem ehemaligen Aspangbahnhof, Platz der Opfer der Deportation (bei Ecke A.-Blamauerg./Aspangstr.), 1030 Wien
In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 brannten in Wien 42 Synagogen und jüdische Bethäuser, zahllose jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden geplündert, zerstört und beschlagnahmt. 6547 JüdInnen wurden festgenommen und 3700 davon in das Konzentrationslager Dachau verschickt.
Hinter all diesen Daten, Zahlen und Fakten steht jenes unsagbar grauenvolle Leid, das in der “Reichskristallnacht”, im “Novemberpogrom 1938″ jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern von den nationalsozialistischen Machthabern angetan wurde.
Diese Nacht vom 9. zum 10. November 1938 war kein Randphänomen der Geschichte des Dritten Reiches, sondern ein Geschehen, dem zentrale Bedeutung zukommt.
Die “Reichskristallnacht” war eine Hauptstation auf dem Weg der verbrecherischen nationalsozialistischen Judenpolitik zum Völkermord."

Links und Kontakte:

Matthias Nocker
Sachbearbeiter
Referat für Menschenrechte und Gesellschaftspolitik
Matthias.Nocker@oeh.ac.at

Danke für das Lesen:
Máté





Dienstag, 10. April 2012

ELWIS

Wahrscheinlich hat schon jeder darüber nachgedacht, was alles man machen würde, wenn man die Möglichkeit hatte, am politischen Leben mitzuwirken. In meinem Beitrag geht es aber um Jugendliche, die sich nicht nur Gedanken gemacht haben: Sie haben eine eigene Partei gegründet.

Sechs Jugendliche, Daniel Hettrich-Keller (24), Niko Hauzenberger (20), Sebastian Gattringer (23), Thomas Hochreiter (20), Max Wagner (20) und Paul Eidenberger (19) bilden die Erste Leonfeldner Wählerinitiative Irreparabler Sorgenkinder, die ELWIS Preslee Partei Bad Leonfelden.

In dieser oberösterreichischen Stadt mit 4064 Einwohnern war im September 2009 ein kleines Wunder geschehen, denn die vor kurzem gegründete ELWIS schaffte mit 17,9 Prozent der Stimmen den Einzug in den Gemeinderat. Somit ist sie die zweitgrößte Partei der Gemeinde nach der ÖVP geworden, hat fünf Mandate bekommen und Daniel Hettrich-Keller konnte die Position als Stadtrat antreten.

Die politischen Ziele der aus jungen Arbeitern und Studenten bestehenden Partei sind eindeutig: Die Vertretung der Jugendlichen in der Politik, Verstärkung des Gebrauchs von erneuerbaren Energie, Modernisierung der öffentlichen Gebäude in Bad Leonfelden, Unterstützung von Kunst und Kultur und „Rettung der Jugend durch Rock'n Roll“.

Und was haben die Jungs alles erreicht? Seitdem sie im Gemeinderat aktiv tätig sind, haben sie eine ganze Reihe von Anträgen eingereicht. Die Jugendtaxis wurden eingeführt, das heißt, Jugendliche im Alter von 16 bis 19 können diese Verkehrsmittel in Anspruch nehmen, damit man sicher ans Ziel kommt. Außerdem wurde 2010 nach ihrer Idee ein Funcourt gebaut, wo auch Fußballturniere organisiert werden können. Im selben Jahr ist ihr erstes Parteiblatt erschienen, dessen Ziel es ist, die Bevölkerung über die Tätigeit des Gemeinderats zu informieren.

Für die Zukunft haben sie noch viele Ideen und Ziele; darüber und über den Anfang ihrer politischen Tätigkeit, über die Partizipation der Jugendlichen im politischen Leben habe ich mit Thomas Hochreiter ein Interview geführt.



Wie seid ihr dazu gekommen, in so einem jungen Alter eine eigene Partei zu gründen?

Wir waren mit der aktuellen politischen Situation in unserer Gemeinde unzufrieden. Die ÖVP, welche eher konservative Wertvorstellungen vertritt, hat bei uns die absolute Mehrheit im Gemeinderat und wir „alternativen“ Jugendlichen haben uns nicht repräsentiert gefühlt. Natürlich hätte es die Möglichkeit gegeben uns bei den drei großen Parteien ÖVP, SPÖ oder FPÖ zu engagieren, allerdings konnten wir uns mit keiner wirklich identifizieren und so blieb uns praktisch nur die Gründung unserer eigenen Bürgerinitiative.


Wie schwer war der Anfang?

Wir sind eigentlich genau genommen keine Partei, sondern eine Bürgerliste. Für die Gründung benötigten wir nur Unterstützungserklärungen, Statuten und natürlich Mitglieder. All das war kein größeres Problem und wir gingen euphorisch in die heiße Vorwahlphase.

Mit 17,9% der Wählerstimmen als zweitstärkste Kraft in den Gemeinderat einzuziehen übertraf allerdings unsere kühnsten Träume und plötzlich bekamen wir fünf Mandate obwohl wir nur vier Kandidaten zur Wahl gestellt hatten. Das fünfte Mandat ist bis 2015 nicht besetzt da eine Nachbesetzung gesetzlich nicht möglich ist.

Der Beginn der politischen Aktivität war ein Sprung ins kalte Wasser. Zum Glück wurde uns von verschiedenen Seiten Hilfe angeboten, genauer gesagt von allen oppositionellen Parteien und von den Grünen die nicht zur Wahl angetreten sind, die Arbeit in den Sitzungen und Ausschüssen und öffentliche Auftritte mussten wir aber natürlich selber machen und stießen dabei immer wieder an unsere Grenzen. Ein großes Problem ist, dass die älteren Politiker meist schon ein geregeltes Privatleben haben und sich ihren Job relativ eigenständig regeln können wogegen es bei uns immer wieder eine Herausforderung ist den Terminplan für Studium bzw. Job mit dem Sitzungsplan und dem politischen Tagesgeschäft zu vereinbaren welches oft sehr kurzfristig ist.

Mittlerweile sind wir ca. zweieinhalb Jahre im Amt und haben eine gewissen Routine und Selbstsicherheit in unseren Funktionen entwickelt die die Arbeit um einiges erleichtert.


In Ungarn sehe ich ein großes Problem darin, dass in den Schulen zu wenige Kenntnisse über das politische System des Landes vermittelt werden, so verstehen viele Jugendliche nicht viel von der Politik. Wie ist die Lage in Österreich?

Ich habe mit politischer Bildung eigentlich ziemlich gute Erfahrungen gemacht. Natürlich gibt es von Schule zu Schule Unterschiede, aber generell wird versucht den Jugendlichen zu erklären wie das politische und rechtliche System funktioniert und dann wird ein Blick auf aktuelle Themen geworfen, der aber leider oft zu kurz kommt. Schüler sind oft theoriemüde und frustriert da der Stoff oft zu „trocken“ präsentiert wird. Was in meiner ehemaligen Schule sehr gut angenommen wurde waren Podiumsdiskussionen mit zwei bis drei Politikern der Großparteien. Auf diese Weise lernt man die Persönlichkeiten die hinter dem Geschehen stehen besser kennen und man kann mit ihnen über persönliche Anliegen diskutieren.



Was denkt ihr, wie könnte man den Jugendlichen die Politik näherbringen?

Ich muss zugeben dass auch wir keine konkrete Lösung parat haben, durch unser Engagement konnten wir nur einige wenige wirklich für Politik interessieren. Meiner Meinung nach sollte man die Frage überdenken. Ist des nicht eher so das die Politik dem Volke dienen sollte? Sollte demnach nicht die Politik versuchen den Jugendlichen näherzukommen? Man kann Jugendlichen noch so oft sagen sie sollen wählen gehen, man kann in Schulen und Universitäten das Politische System ins kleinste Detail unterrichten, die meisten Jugendlichen werden sich nicht für die Politik interessieren. Der Wandel muss sich in der Politik vollziehen, derzeit fehlen die Charaktere mit Ecken und Kanten. Es gibt kaum polarisierende Persönlichkeiten mit denen sich die breite Masse identifizieren kann (zumindest in Österreich nicht) oder die zumindest viele für kompetent in ihrem Fachgebiet halten.
 
Die Politiker müssen wieder auf die Straße gehen, den Jugendlichen näherkommen. Durch Social-Networks wird das erleichtert und leider machen in Österreich die rechtspopulistischen der FPÖ unter HC Strache vor wie das funktioniert. Die Regierungsparteien versagen in dieser Hinsicht ziemlich.
 
Gerade für Jugendliche ist im Internet die Hemmschwelle ihre Meinung zu sagen um vieles niedriger, auch weil Politiker ihre rhetorische Überlegenheit in diesem Fall nicht ausspielen können. Deswegen bin ich bzw. sind wir Befürworter der „Piratenparteien“ die derzeit in vielen Europäischen Ländern gegründet wurden. Auf Gemeindeebene (ca. 4500 Einwohner) ist das „Liquid Democracy“ System allerdings schwer umzusetzen, da es hauptsächlich um Routineentscheidungen geht und somit nur wenige mitstimmen.
 
Vor kurzem habe ich in einer Zeitung gelesen:“Demokratie sollte ständig in der Krise sein damit alle einen Grund haben für ihre Meinung aufzustehen“ Zur Zeit haben sind wir eindeutig in einer Krise und die Jugendlichen und Studenten werden die ersten sein die aufstehen und sich dagegen wehren, so wie wir es in unserer Gemeinde getan haben.


Was für Pläne habt ihr für die Zukunft? Welche sind die wichtigsten Themen, mit denen ihr euch beschäftigt?

Wir sind in unserer Gemeinde mit der Leitung des Jugend- sowie des Umweltausschusses beauftragt. Im Bereich Jugend versuchen wir das (Jugend-)Kulturangebot zu verbessern und haben bei der Planung eines Veranstaltungssaals in einem Ausstellungsgebäude mitgearbeitet. Außerdem ist ein regionales Jugendtaxi geplant, welches Jugendliche zwischen 16 und 19 gratis oder vergünstigt benützen können. Auch haben wir bereits Veranstaltungen wie einen Ausflug nach Auschwitz-Birkenau oder ein Fußballturnier organisiert.

Im Umweltbereich setzen wir verstärkt auf erneuerbare Energieträger wie Hackschnitzel und Windenergie um weg von Fossilen Brennstoffen zu kommen und unabhängiger zu werden. Des Weiteren sind wir mit der Umsetzung eines neuen Abfallsammelzentrums beauftragt.

In Zukunft werden wir verstärkt auf den Umbau bzw. die Renovierung der Schulen drängen, welche längst überfällig sind und auf einen möglichen Windpark der sich zum Teil auf unserem Gemeindegebiet befindet.
Selbstverständlich versuchen wir auch stets politikinteressierten Bürgern aller Altersklassen die Entscheidungen des Gemeinderats möglichst transparent und einfach zu vermitteln; online unter
www.elwis.at, auf unserer Facebook Seite, unserer Zeitung der „ELWIS Presse“ und natürlich in den Vereinen und Lokalen in denen wir verkehren. Unser Beispiel regt viele politikverdrossene Bürger an sich selbst zu engagieren und denen stehen wir natürlich gerne Rede und Antwort wenn es um Erfahrungen oder Tipps geht.



ELWIS ist ein gutes Beispiel für Jugendliche, die Zweifeln haben, ob die politische Stellungnahme und Partizipation neben der Schule oder dem Studium möglich ist. Man muss immer „klein“ anfangen, und manchmal ist der Weg nicht einfach, aber wenn man ausdauernd genug ist, kann man die Ziele erreichen und mitbestimmen, wie man lebt. Die politische Anteilnahme ist ein wesentlicher Teil des Lebens, mit dem man sich beschäftigen soll, denn davon hängt ab, was man alles tun kann und was für Möglichkeiten und Chancen man im Leben hat. Es ist immer gut zu hören, dass es Jugendliche gibt, die sich darauf schon im jungen Alter konzentrieren. Hoffentlich werden immer mehrere Leute diesem Beispiel folgen.



Danke für das Lesen,
Eszter



Als Quellen habe ich die folgenden Websites benutzt:



Freitag, 6. April 2012

Gastbeitrag aus Sarajevo


Ich bin Lektorin in Sarajevo, Bosnien und Herzegowina, und lese mit meinen Studierenden im Fach Sprachübungen dieses Semester das Buch "Fremdes Land" von dem Österreicher Thomas Sautner, in dem dargestellt wird, wie das Individuum unter der Allmacht eines technisierten Staates zu leiden hat. Der Einzelne ist der Technik ausgeliefert, die von einem totalitären Staat ausgenützt wird, um alle Bürger zu überprüfen und bewachen. In unserem Kurs werden die Vorteile der Technik des 21. Jahrhunderst besprochen, aber gleichzeitig auch diskutiert, wie sehr sich Jugendliche dieser Technik ausliefern, davon abhängig werden und ihr auch unreflektiert vertrauen. Stimmt es, dass das Internet dem Einzelnen Möglichkeiten eröffnet, die er vor der Technisierung des Alltages nicht hatte, oder sind Facebook, Smartphones und Co. Mittel der Instrumentalisierung der Masse?


In dieser total überwachten Welt des Romans ist die einzige Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung, die des Hinterlassens von Parolen auf Wänden. Deswegen sind wir auf die Suche gegangen nach Graffitis in Sarajevo und beleuchten deren politische Aussagekraft und welches Potential an individueller Selbstbestimmung dahinterstecken kann. Diese neue Perspektive auf Graffitis erinnert mich sehr an einige Blogs, die ihr für euer Spezialseminar verfasst habt. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass Graffitis das Städtebild verschlechtern, sondern dass Graffitis eine Form des Protests und Aufrufs darstellen. Was sagt ihr dazu?

Meine Studierenden sind jedenfalls gerade dabei Texte zur Selbstbestimmung in ihrem Alltagsleben in BiH zu verfassen, die wir euch gerne als Gastkommentar schicken würden. Ich bin schon gespannt, wie ihr diese Projekte beurteilen werdet und ob ihr Ähnlichkeiten, zu den von euch vorgestellten Themen findet.

Liebe Grüße!
Judith