Freitag, 6. April 2012

Gastbeitrag aus Sarajevo


Ich bin Lektorin in Sarajevo, Bosnien und Herzegowina, und lese mit meinen Studierenden im Fach Sprachübungen dieses Semester das Buch "Fremdes Land" von dem Österreicher Thomas Sautner, in dem dargestellt wird, wie das Individuum unter der Allmacht eines technisierten Staates zu leiden hat. Der Einzelne ist der Technik ausgeliefert, die von einem totalitären Staat ausgenützt wird, um alle Bürger zu überprüfen und bewachen. In unserem Kurs werden die Vorteile der Technik des 21. Jahrhunderst besprochen, aber gleichzeitig auch diskutiert, wie sehr sich Jugendliche dieser Technik ausliefern, davon abhängig werden und ihr auch unreflektiert vertrauen. Stimmt es, dass das Internet dem Einzelnen Möglichkeiten eröffnet, die er vor der Technisierung des Alltages nicht hatte, oder sind Facebook, Smartphones und Co. Mittel der Instrumentalisierung der Masse?


In dieser total überwachten Welt des Romans ist die einzige Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung, die des Hinterlassens von Parolen auf Wänden. Deswegen sind wir auf die Suche gegangen nach Graffitis in Sarajevo und beleuchten deren politische Aussagekraft und welches Potential an individueller Selbstbestimmung dahinterstecken kann. Diese neue Perspektive auf Graffitis erinnert mich sehr an einige Blogs, die ihr für euer Spezialseminar verfasst habt. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass Graffitis das Städtebild verschlechtern, sondern dass Graffitis eine Form des Protests und Aufrufs darstellen. Was sagt ihr dazu?

Meine Studierenden sind jedenfalls gerade dabei Texte zur Selbstbestimmung in ihrem Alltagsleben in BiH zu verfassen, die wir euch gerne als Gastkommentar schicken würden. Ich bin schon gespannt, wie ihr diese Projekte beurteilen werdet und ob ihr Ähnlichkeiten, zu den von euch vorgestellten Themen findet.

Liebe Grüße!
Judith

2 Kommentare:

  1. Ich habe eine Brieffreundin, die aus Deutschland kommt. Sie hat mir erzählt, dass es in Deutschland viele Parolen gibt, die eine negative Bedeutung haben. Diese betreffen häufig andere Personen oder die Politik (auch die vergangene).
    Sie erzählte auch, dass es den Jugendlichen an einigen Plätzen nicht verboten ist Graffitis zu sprayen. Es ist für die Jugendlichen, an bestimmten öffentlichen Plätzen und in für sie eingerichteten Jugendzentren erlaubt. Es gibt auch Erzieher, die machen speziell dafür mit den Jugendlichen Projekte. Diese Möglichkeiten gibt es, da man den Jugendlichen helfen will, nicht auf die schiefe Bahn zu geraten. Es existieren diese Möglichkeiten, aber auch um Jugendliche, welche ein schlechtes Elternhaus haben, vor falschen Freunden zu beschützen;um sie von der Straße wegzuholen und um ihnen eine Freizeitmöglichkeit zu bieten.Ich bin jedoch der Meinung,dass Graffiti der falsche Weg zur Selbstverwirklichung ist.

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    1. Was meinst du mit "negativer" Bedeutung? Könntest du das etwas genauer beschreiben? ("Against Racism!" ist ja sprachlich gesehen auch negativ.)

      Ich denke, dass die wenigsten in Graffitis einen Weg zur Selbstverwirklichung sehen, sondern eher eine Möglichkeit sich auszudrücken.

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